Vom Kahlenstein zum Rosenstein

Auf dem ehemaligen Kahlenstein am Rande des Neckartals erbaute König Wilhelm I. mitten im Park Schloss Rosenstein (1822-1830); dazu kaufte er den Cannstatter Bürgern all ihre dort gelegenen Parzellen ab. Wilhelm I. widmete Schloss und Parkanlage der Rose, Lieblingsblume seiner Frau, Königin Katharina, Schwester des russischen Zaren. Das Schloss ließ er im klassizistischen Stil errichten und einen Rosengarten anlegen.

Noch heute wachsen im "Karlsgarten" beispielsweise "Bonica" auf den kleinen Beeten, "Tornado" auf den länglichen, "Leonardo Da Vinci" auf den quadratischen großen, "New Dawn" als Kletterrosen an den Säulen, "Red Eden Rose" und "Königin von Dänemark" als Strauchrosen um den Garten. Manche dieser Rosensorten, die jetzt in der Parkanlage wachsen, gibt es nicht mehr im Handel zu kaufen.

Baumeister des Schlosses war Giovanni Salucci; weitere von ihm entworfene Gebäude sind das Löwentor am oberen Parkausgang und das Wilhelmspalais in Stuttgart. Auch wenn es schon im Mittelalter Nutzgärten und einen Thiergartten gab, und in der Renaissance herrschaftliche Lustgärten - erst mit den Oberen Königlichen Anlagen erhielt das Volk Zugang zum großzügigen Park, in dem auch die königlichen Herrschaften sich ergingen. Heute befindet sich im ehemaligen "Landhaus" der Herrscher ein Staatliches Naturkundemuseum. Auch der zoologisch-botanische Garten Wilhelma und das Museum am Löwentor liegen im Park und sind von dort aus zugänglich; sie gehen ebenfalls auf Wilhelm I. zurück.

Mitten in Stuttgart: bedeutendster Park Südwestdeutschlands

Der Rosensteinpark gilt als der bedeutendste Landschaftspark Südwestdeutschlands, als eine der letzten klassischen "englischen" Gartenanlagen, die nach dem Vorbild der Natur gestaltet wurden. Angelegt wurde er in den Jahren 1824-1840 auf Anordnung des Königs Wilhelm nach Plänen des Hofgärtners Johann Bosch. Park und Schloss bilden eine harmonische Einheit und den Abschluss der sich vom Neuen Schloss in Richtung Neckar ziehenden Parkanlagen.

Was viele nicht wissen: Unterhalb des Schlosses gibt es den alten Rosensteintunnel, der die Eisenbahn unter dem Park hindurchgeführt hat. Dieser wurde von Carl Etzel geplant, von 1844 bis 1915 gebaut und verband Stuttgart mit Cannstatt. Damals sorgten sich die Leute, dass "dem Herrn König sein Haus" in den Rosensteintunnel stürzen könnte, doch Wilhelm erteilte trotzdem die Genehmigung dafür.

Ein Park unter Denkmalschutz

Der „Staatliche Park“ gehört nun dem Land Baden-Württemberg und steht unter Denkmalschutz. Zusammen mit dem Schlossgarten, dem Leibfriedschen Garten, dem Wartberg und dem Höhenpark Killesberg bildet er das „Grüne U“ Stuttgarts. Heute klafft im Mittleren Schlossgarten eine Lücke in dieser so sorgsam bedachten Anlage. Auch die Wilhelma war zu Zeiten König Wilhelms ein Teil dieser Parklandschaft.

Eine Parklandschaft wird beschnitten

Das Spiel, den Rosenstein zu Bauland "umzuwidmen", ist nicht neu. Genauer gesagt, es geschieht seit der Jahrhundertwende: 1908 Umbau des Hauptbahnhofs, 1909-1912 Bau des Stuttgarter Theaters, nach dem 2. Weltkrieg Erweiterung der Wilhelma, 1993 Internationale Gartenbau-Ausstellung. All das führte zwar zu großen Verlusten innerhalb der Parkanlagen, doch man hat dabei immer darauf geachtet, die alte Baumsubstanz zu erhalten.

Das änderte sich 1961 und 1977, als die Umgestaltung des Parks für die Bundesgartenschau den historischen Bestands weitgehend zerstörte. Die Baumaßnahmen für eine "autogerechte Stadt", brachten die umfangreichsten und umumkehrbarsten Flächenverluste: Einrichtung des ZOB, Ausbau von Schillerstraße und Cannstatter Straße zu mehrspurigen Betonpisten, Ausbau der B 14, Bau der Ehmannstraße. Jetzt soll der Tiefbahnhof Stuttgart21 dem Rosensteinpark den Rest geben.

"Hände weg" - ein Ruf mit Tradition

Die "Umwidmungen" fanden stets unter dem erbittertem Widerstand der Bevölkerung statt, das ist spätestens seit 1928 dokumentiert: „Jede Verwendung des Rosensteinparks, die außerhalb der erwähnten Zwecke der Erholung im weitesten Sinne liegt, ist Raub an einem Gut, das der Allgemeinheit und unseren Kindern gehört. Der Rosensteinpark muss der Garten des Volkes, der Spielplatz der heranwachsenden Jugend, die Erholungsstätte der Alten werden. Wir rufen unsere Mitbürger auf, alle Gefahren, die dem Rosenstein drohen, endgültig abzuweisen. Wir bitten die Regierung festzubleiben. Der Technischen Hochschule und allen, die sich an dem Park für Sonderzwecke vergreifen wollen, rufen wir zu: Hände weg vom Rosenstein.“ (Karl Luz, Gartentexte, 1928).

Parkerweiterung - ohne jeden Nutzen für die Stuttgarter

Dafür, dass große Teile des Rosensteinparks für den Tiefbahnhof Stuttgart21 fallen sollen, verspricht man den Stuttgartern eine "Parkerweiterung". Die soll die Verluste an Grün- und Naturflächen kompensieren. Das hört sich erst einmal gut an. Moment - der Planfeststellungsbeschluss schreibt vor, dass eine weitere Ausgleichsmaßnahme im Mussenbachtal zu treffen sei.

Mussenbachtal? Wo liegt denn das? Na, weit außerhalb der Stadtgrenzen Stuttgarts! Toll. Dann setzen wir uns halt ins Auto und fahren weit hinaus ins Mussenbachtal um unter einem Baum zu lesen, einen Familiennachmittag einzulegen oder Sport treiben. Denn für die Landeshauptstadt Stuttgart führt Stuttgart21 definitiv zur Reduzierung der Park- und Naturflächen, für die Innenstadt wird es gar einen großen, nicht kompensierbaren Verlust an Park- und Naturfläche bedeuten, mitsamt der bekannten Auswirkungen auf das Stadtklima.

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Wo liegt der Rosensteinpark?

Der Park liegt oberhalb vom Neckar zwischen Neckartal-, Prag-, Nordbahnhof und Ehmannstraße. Eingänge befinden sich am Löwentor an der Kreuzung Prag-/Nordbahnhofstraße, in der Ehmannstraße beim Museum am Löwentor, bei der Wilhelma (Bellevueweg) und am Unteren Schlossgarten.

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